2. Numismatische Grundbegriffe

Das dem Geld- und Münzwesen Zugrunde liegende ist nur dann zu verstehen, wenn man sich die eigentümliche, wechselseitige Abhängigkeit von Gewicht, Feingehalt und Kaufwert bestimmter Mengen Metalls (dabei handelt es sich meist um Edelmetall), nämlich der Münzen, vor Augen führt. Bei Münzen handelt es sich um Metallstücke, die als gesetzliche Zahlungsmittel fungieren, die im Namen und nach Vorschrift des Staates (Münzherr) eine bestimmte Form und ein bestimmtes Gewicht besitzen und deren Wert vom Staat garantiert wird. Dafür gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
  1. Währungs- oder Kurantgeld:
    Das sind Münzen, deren Wert unmittelbar auf ihrem Metallgehalt beruht oder doch theoretisch beruhen soll. Der Sachwert entspricht also dem Nennwert. Als Beispiel hierfür wären die meisten modernen Goldprägungen sowie auch die frühen Prägungen aller anderen Sorten anzuführen.
  2. Kreditgeld:
    Das sind Münzen, deren Wert nur auf Staatskredit beruht, d.h. es handelt sich hierbei um Münzen, die von vornherein und gesetzlich geringwertiger sind als ihr Nennwert besagt, für deren Annahme sich aber der Staat verbürgt. Dazu gehört z.B. Kupfergeld, Zinkgeld, Aluminiumgeld, usw.

Neben diesen wirklich geprägten Münzen, dem sog. Zählgeld, gab es im Mittelalter und in der frühen Neuzeit auch noch sog. Rechengeld, d.h. nur in der Vorstellung vorhandene größere Einheiten, die nicht ausgeprägt wurden. Tatsächlich ist im europäischen Früh- und Hochmittelalter vorwiegend nur eine Münze geprägt worden, nämlich der Pfennig (denarius). Das änderte sich erst gegen Ende des 13. und im 14. Jahrhundert, als die kontinuierliche Verschlechterung der Pfennige und die Zunahme des Handels größere Prägungen notwendig erschienen ließen.

Dem wurde Rechnung getragen, indem man zum einen Goldprägungen wieder aufnahm — diese gibt es seit der Mitte des 13. Jahrhunderts zunächst in Italien, im 14. Jahrhundert dann auch in Deutschland (Florenen, Dukaten und Gulden) — und zum anderen größere Silberwerte geprägt hat: die französischen Turnosen (gros tournois) und die nach ihrem Vorbild geprägten Groschen im Wert von 12 Pfennigen, die hanseatischen Witten (Albi) im Wert von 4 Pfennigen, später die Schillinge, "Taler" und Mark. Das Pfund hat sich dabei in England und im Mittelmeerraum als höchste Münzeinheit etabliert, und in Deutschland hat sich die internationales Ansehen genießende Kölner Mark durchgesetzt.

Feingehalt und Gewicht der Münzen variierten zeitlich und geographisch sehr stark. Die Aufsplitterung des ursprünglich als königliches Regal einheitlichen Münzwesens (namentlich in Italien und Deutschland) trug in hohem Maße zu diesen Abweichungen bei. Für die Aufsplitterung gab es nicht nur politisch-finanzielle Gründe (bewusste Verringerung von Feingehalt und Gewicht), sondern auch technische. Es war nicht möglich, jede Münze genau gleichwertig auszuprägen. Man musste sich damit begnügen, dass das Gesamtgewicht der 240 bzw. 192 Pfennige dem Pfund bzw. der Mark im Gewicht entsprach (Die Orientierung an diesem Gesamtgewicht von 240 Pfennige — bei dem Pfennig handelte es sich n‰mlich ursprünglich ebenfalls um silbernes Kurantgeld — geht auf die Antike zurück, in der diese Anzahl an Denaren mit einem römischen Pfund Silber korrelierte.).

Dieses notwendige Prinzip der Orientierung am Gesamtgewicht führte im Geldverkehr zu einer ständigen Verringerung des Durchschnittsgewichts einer Münzsorte aufgrund der Bestrebung der Bevölkerung, übergewichtige Münzen auszusortieren, einzuschmelzen und somit einen Gewinn zu erzielen (sog. Steigern). Als Instrumentarium gegen dieses Steigern wendete man das Verfahren der sog. Münzverrufung an, d.h. in öfter wiederholten Abständen — zeitweise alljährlich, manchmal sogar mehrmals im Jahr — erklärte der Münzherr seine umlaufende Münze für ungültig und ersetzte sie durch eine neue.

Die fortgesetzte Reduzierung des Gewichts und des Feingehalts der Pfennige hat auch das eigentümliche Phänomen der Hohlpfennige (Brakteaten) hervorgerufen, die besonders im 12. und 13. Jahrhundert die Münzform darstellten, die für Deutschland charakteristisch war. Diese Hohlpfennige bestehen aus ganz dünnem, nur einseitig geprägtem Silberblech, bei dem die Prägung auf der Rückseite durchgeschlagen sichtbar ist. Als Kurantgeld wurden die Brakteaten dann von den größerwertigen Silberprägungen des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit, endgültig von den Talerprägungen verdrängt. Bereits der Name der ältesten dieser Großwerte, "grossi", also "Dicke", lässt deutlich den Unterschied zu den bis dato gewohnten dünnen Blechmünzen evident werden. Die Tendenz, das Gewicht der Münzen zu verringern und deren Feingehalt zu verschlechtern, setzte sich dann natürlich bis in die Neuzeit fort und machte auch vor deren größeren Münzen keinen Halt.

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