Sphragistik
[Siegelkunde]
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Siegel waren bereits im Antiken Orient bekannt
(Lit.) .Die Siegelkunde untersucht Form ,
Material, Befestigung, Darstellung und Funktion der Siegel (lat.
sigillum "Bildchen") in Mittelalter und Neuzeit . In enger
Verbindung mit der Diplomatik im 17.Jh. entstanden, bedient sie
sich auch Methoden der Numismatik, Heraldik und Epigraphik. Siegel
wurden als Beglaubigungsmittel , aber auch zum Verschluß von
Urkunden und Briefen benutzt.
Als authentisch, d.h. allgemein rechtswirksam, wurden
die Siegel der Kaiser, Könige und Päpste, in
begrenzterem Umfang die der geistlichen und weltlichen
Fürsten sowie der Städte angesehen. In der
Umschrift parallel zum Siegelrand wurde Name und Stand des
Siegelführers angegeben, sie beginnt i.d.R. oben in der Mitte
mit einem Kreuz. Das Siegelbild wurde einer Siegelmasse mit Hilfe
eines Siegelstempel ( Typar ) , Siegelrings oder Petschaft
eingeprägt , bis zur Einführung von Gummistempeln ,
für die in der Amtssprache weiterhin die Bezeichnung
"Dienstsiegel" gebräuchlich ist. Daneben sind
Prägesiegel noch in Gebrauch.
Im MA. war naturfarbenes oder gefärbtes Wachs die
Hauptsiegelmasse, in der Neuzeit wurde Wachs vor allem auf Briefen
und kleineren Dokumenten durch Siegellack ersetzt, der sich
von der iberischen Halbinsel aus in Europa verbreitete. Daneben
tritt seit dem 14.Jahrhundert das Papiersiegel, d.h. die
Prägung eines Papierblättchens, das zunächst mit
einer dünnen Wachsschicht, später mit Oblaten auf der
Urkunde befestigt und dann geprägt wurde
(Oblatensiegel). Metallsiegel (Bullen) fanden in der
Papstkanzlei als Bleibulle, in Königs- und Kaiserurkunden als
Goldbulle Anwendung. Im Archiv der Päpste sind zahlreiche
Urkunden mit Goldbullen erhalten ( darüber können Sie
mehr lesen:
Goldsiegelsammlung in
Bamberg ).
Häufige Motive des Siegelbildes sind der thronende
Herrscher (s.o.), Ritter zu Pferd, Wappen , Schutzheilige oder auf
dem Revers der kaiserlichen Goldbulle die
Aurea Roma (Sie sehen
die Verso-Seite von BF. 814). Bei mehreren Ausstellern nimmt auch
die Zahl der Siegel entsprechend zu, z.B. bei Vertrags- und
kollektiven Ablaßurkunden.
Siegelabbildungen sind auch auf
weiteren Seiten zusammengestellt:
Tafel I (Friedrich II.); [wird
ausgebaut ]
Literatur:
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Zeitschrift
- Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und
Wappenkunde , hrsg. von Edmund E. Stengel. Köln [u.a.],
1955 - ; Hg. z.Zt. Walter Heinemeyer.
Siegel im
Netz:
Das Vatikanische Geheimarchiv hat 10
Siegel
aus seinen Beständen in Silber, einige auch in Gold
prägen lassen, obwohl es sich bei den meisten Vorlagen um
Wachssiegel handelt; sie werden auf den Seiten des Heiligen Stuhls
gezeigt. Neu ist eine Sonderausgabe anläßlich des
Jubiläums: die Nachprägungen einer Bulle Bonifaz VIII.
und Johannes Paul II. zeigen die ungebrochene ikonographische
Tradition der Rückseite mit den Köpfen der
Apostelfürsten (sie sind auch im
Bild
zu sehen).
Siegel sind auch bei den Abbildungen der Urkunden aus
Duderstadt
zu sehen.
- Bericht über einen Vortrag (26.10, 1999) von Prof. Dr.
Werner Seibt, Wien, vor der Bayerischen Numismatischen
Gesellschaft zur
Byzantinischen
Siegelkunde.
- Werner Seibt präsentiert auch die Projekte zur
Sigillographie
der Kommission für Byzantinistik der ÖAW: mit
Abbildungen und umfangreicher Bibliographie.
- Antike Siegel
- Boochs, Wolfgang : Siegel und Siegeln im alten
Ägypten . Sankt Augustin, 1982
- Unger, Eckhard : Der Beginn der altmesopotamischen
Siegelbildforschung. Wien, 1966
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© Horst Enzensberger 2003.
Letzte Änderung am 8. Februar 2006