UrkundenźbergabeRingvorlesung: Zeichen 27. Mai 2002

Purpururkunden


 Eine ältere Form einer besonderen Ausstattung von Urkunden in Hinblick auf Beschreibstoff und Schrift sind die Purpururkunden, bei denen der Text mit Goldtinte (Goldschrift) auf purpurgefärbtem Pergament eingetragen wird. Unbestreitbares Vorbild der Chrysographie ist die Gewohnheit der byzantinischen Kaiserkanzlei, die in einigen Fällen auch im Okzident nachgeahmt wird. Dabei ist allerdings zu beachten, daß im Osten diese Purpururkunden Kanzleioriginale sind, während derartige Stücke im Westen Zweitausfertigungen von oft auch noch erhaltenen Kanzleidokumenten in normaler Schrift- und Pergamentausstattung darstellen. Der Anteil der Herrscherkanzlei beschränkte sich dabei oft auf die Beglaubigung, während die Urkunden als solche zu den Empfängerausfertigungen zu zählen sind.
 Die Goldbulle dagegen kann zu den äußeren Merkmalen gerechnet werden, mit denen auch normalen Kanzleiprodukten gegen ein entsprechendes besonderes Entgelt ein besonderes Gepränge verliehen werden konnte . Die Briefe byzantinischer Kaiser an die Päpste im zwölften Jahrhundert wiesen keine Besiegelung auf; sie waren auf Purpurpergament mit Goldschrift geschrieben, womit man der Feierlichkeit Genüge getan zu haben annahm. Ebenfalls für päpstliche Empfänger gedacht waren die Purpurausfertigungen des Ottonianums von 962 und deren heute verlorene Neuausfertigung durch Heinrich II von 1020, das Henricianum.
 Bekannt ist auch die Heiratsurkunde Ottos II. für seine Gemahlin Theophanu von 972. Die Imitation des byzantinischen Vorbilds ist dabei handgreiflich; vielleicht hat sie auch dazu geführt, daß eine Besiegelung mit einer Goldbulle nicht erfolgte, aber möglicherweise eine Goldbulle beigelegt wurde. Von den drei Purpururkunden für die Abtei Korvey sind die beiden Konrads III. erhalten, diejenige zur Urkunde Friedrichs I. von 1152 ist heute verloren. Auch spätere Prunkausfertigungen wurden oft mit Goldbulle besiegelt. Dies gilt z.B. für den Freiheitsbrief Heinrichs VI. für Konstanz von 1192.

© Horst Enzensberger 2002
Letzte Änderung am 5. Dezember 2003