Die Historischen Hilfswissenschaften sind diejenigen Teildsiziplinen
der Geschichtswissenschaft, die sich in besonderem Maße mit der
Erschließung und Aufbereitung des Quellenmaterials befassen.
Sie sind das "Werkzeug des Historikers" (Ahasver von Brandt)
In der akademischen Praxis sind die Hilfswissenschaften meist
enger mit der Mediävistik verbunden, obwohl eine
Beschränkung auf das Mittelalter sachlich nicht sinnvoll ist. In
der Lehre versuche ich, auch die Aspekte der Neueren Geschichte, vor
allem bei der Behandlung der Schrift, entsprechend zu
berücksichtigen.
- Grundlegende Disziplin ist die
Paläographie, denn Lesen
ist die unabdingbare Voraussetzung für jede weitere
Untersuchung.
- Dann sind auch sofort philologische
Kenntnisse nötig - Textverständnis erleichtert das Lesen
an unklaren Stellen und bei Abkürzungen -, wofür jede
mittelalterliche (und neuzeitliche) Philologie in Frage kommt. Ich
rechne die Lateinische Philologie des Mittelalters zum
Kanon der Hilfswissenschaften, da die Texte in
Mittellatein (natürlich ein
Sammelbegriff für zeitlich und örtlich differierende
Erscheinungen) ganz besonders zahlreich sind.
- Besonderheiten wegen der Natur des Beschreibstoffes weist die
Epigraphik auf, die
mittelalterliche und frühneuzeitliche Materialien behandelt,
aber nicht die hervorragende Quellenbedeutung hat wie in den
Altertumswissenschaften.
- Der Erschliessung des quantitativ sehr umfangreichen
Quellenkomplexes der Urkunden widmet sich die
Diplomatik oder
Urkundenlehre.
- In enger Verbindung mit ihr steht die Siegelkunde oder
Sphragistik, da
Siegel im Regelfall in Verbindung mit Urkunden als Mittel der
Beglaubigung auftreten.
- Vor allem in der Neuzeit tritt die Einzelurkunde hinter den
Akten zurück, die von der
Aktenkunde
behandelt werden.
- Für den Historiker dient die
Chronologie in der
Regel dem praktischen Zweck der Auflösung und Umrechnung von
Daten; die astronomischen Grundlagen stehen im Hintergrund.
- Vom ikonographischen Zugriff her steht die Behandlung von
Wappen durch die
Heraldik und
Münzen (und anderen Geldarten) durch die
Numismatik der
Sphragistik nahe.
- Mit den menschlichen Abstammungsverhältnissen
befaßt sich die
Genealogie, die
quellenbedingt in den älteren Epochen meist nur die
Oberschicht erfassen kann . Allenfalls die Stadtbürger lassen
sich im späten Mittelalter auch etwas genauer in ihren
verwandtschaftlichen Beziehungen erkennen.
© Horst Enzensberger 2003.
Letzte Änderung 26. Jun 2003